Hertford College Schülersprachreise für drei Wochen in England Diesen Sommer wurde es mir, nach langen Auseinandersetzungen wegen des nicht allzu billigen Vergnügens, ermöglicht, drei Wochen am Hertford College in Oxford, England, zu verbringen. Es war komplett anders als ich es mir vorgestellt hatte in Bezug auf all die Artikel und Leserberichte, die andere Schüler und Studenten bereits vor mir geschrieben haben. Ursprünglich dachte ich, das Hertford College sei ein riesiger offener Campus, an dem auch andere englische Studenten studieren würden und man die meisten Leute gar nicht wirklich kennen würde, sondern einfach nur vom Sehen her wahrnähme. Ganz im Gegenteil: Es war viel persönlicher und vertrauter als man von so einem College erwarten könnte. Zwar war ich anfangs ein wenig enttäuscht, als ich erfuhr, dass ich wohl kaum einen englischen Studenten kennen lernen würde, da diese zu der Zeit ebenfalls Ferien hatten und das Hertford College abgesehen davon ohnehin nur Unterkunft für diese Studenten bietet und sie an anderen Colleges studieren. Aber das war angesichts der vielen verschiedenen Nationalitäten, die dort in dem College gewohnt haben und mit mir in den Unterricht gegangen sind, nicht weiter von Belang. Gleich am ersten Tag meiner Ankunft machte ich mit einer Hamburgerin am Flughafen London Heathrow Bekanntschaft, bei der sich herausstellte, dass sie ebenfalls für drei Wochen an das Hertford College gehen würde, denn nicht alle, die mit ihren wirklich trendigen IST-Rucksäcken an diesem Flughafen standen, sind nach Oxford gefahren. Nach einer einstündigen Fahrt mit dem Bus von London nach Oxford, bei der ich bereits an meinen Englischkenntnissen zweifelte, nachdem wir an einem Autobahnschild, auf dem stand „No hard shoulder for hundred yards“ (keine harte Schulter die nächsten hundert Yards??), vorbeigefahren sind, wurden ich und noch ein paar andere, die mit mir in dem Bus saßen, auch schon gleich ins kalte Wasser geworfen: „Hal“ vom „social committee“ (Betreuer der Studenten, die hauptsächlich auch aus anderen Ländern kamen), drückte uns jeweils einen Briefumschlag mit dem jeweiligen Namen in die Hand, verkündete uns einige Fakten und führte uns dann zu unseren Zimmern. Es ist allerdings nicht so, dass man ein großes Hauptgebäude hat, in dem sich alle Räume befinden wie ich mir das anfangs vorgestellt hatte. Ein wenig anspruchsvoller beziehungsweise komplizierter ist es schon, angefangen bei den drei verschiedenen Höfen, die es dort gibt. Den Old-, New- und den Hollywell Quad von denen aus mehrere Türen abgehen, die jeweils einen Code haben, den man sich sogleich merken(!) und dann einen kleinen Hebel in eine bestimmte Richtung drücken musste, (den ich bis zum Schluss noch in die falsche Richtung gedreht habe). Danach gab es eine kleine Führung durch das College und ab da war dann jeder auf sich allein gestellt. Das Wichtigste bei so einer Schülerreise ist, sich dann nicht sofort in sein Zimmer zu verkrümeln und Musik zu hören oder ein Buch zu lesen. Man sollte gleich wieder hinaus aus seinem Bunker und mit den anderen, die zum Teil neu, oder auch schon länger da waren, Kontakt aufnehmen. Was hier am College auch sehr leicht fiel, da trotz des typisch schlechten englischen Wetters, welches vor unserer Ankunft noch so gut gewesen sein soll, einige Schüler in dem Hollywell Quad saßen und sich dort unterhalten haben, Musik gehört, oder einfach nur zusammen abgehangen sind. Insgesamt ist die ganze Atmosphäre dort viel lockerer, als man im Vorhinein annehmen könnte. Wie sich später herausstellte, waren die Leute des „social committees“ ebenfalls super nett und offen. Wenn man etwas gebraucht hatte, waren sie immer in dem Raum neben dem so genannten TV-Room, in dem ich auch sehr viel Zeit verbrachte, auffindbar, oder sie saßen gerade Gitarre spielend im Quad. Am darauf folgenden Tag mussten wir dann einen Test machen, um dann in die entsprechende Klasse eingeteilt zu werden. Dabei ging es schwerwiegend um Grammatik und Aussprache. Bei diesen Tests machten wir unsere ersten Bekanntschaften mit einigen Lehrern, die mich die nächsten drei Wochen begleiteten. Hier war der nächste Punkt, den ich mir absolut anders vorgestellt hatte. Es fing schon mal damit an, dass sich die Lehrer mit ihrem Vornamen vorgestellt haben und nach dem Unterricht sind sie nicht etwa zu sich nach Hause untergetaucht, sondern haben die Nachmittagsaktivitäten mitgemacht, saßen bei den Schülern im Quad und sogar Casino Royal im TV-Room haben sie mit angesehen. Von Montag bis Freitag hatten wir von 9.00 Uhr bis 13.00 Unterricht und am Dienstag und Donnerstag auch Nachmittagsunterricht. Am Vormittag hatte man immer drei verschiedene Lehrer, die mit einem Grammatik, Sprach-, Schreib- und andere Übungen gemacht haben. Dort saß man mit circa 15 Schülern aus sämtlichen Nationen wie Spanien, Italien, Frankreich, China, Japan, Russland, Slowenien, Tschechien, Slowakei, Polen, Schweiz, Österreich, Deutschland und (vielen) aus Belgien in einem Raum und hat versucht, den jeweiligen Akzent des anderen zu verstehen. Der Nachmittagsunterricht war wahlweise Business English, Publishing, Film Production, Music oder Philosophy, die man aber in der letzten Woche eher nach Lehrkraft als Kurs ausgewählt hat. Im Publishing Kurs sind wir dann einmal auf das Thema Ochsen und deren Definition gekommen, mit dem endgültigen Ergebnis: „An Ox is a bull without balls“. So in etwa lief dann der Nachmittagsunterricht ab, war also dementsprechend eher weniger anstrengend und locker. Am Nachmittag ist man dann entweder mit zum Shoppen nach Oxford gegangen, im Quad beziehungsweise TV-Room gesessen, oder man hat den am Montag und Mittwoch angebotenen „sports day“ genutzt und ist in die ungefähr eine halbe Stunde zu Fuß entfernte Sporthalle gegangen, in der man Badminton, Volleyball, Squash, Tennis spielen oder schwimmen konnte. Die meisten waren jedoch bei Volleyball oder haben den (männlichen) Belgiern zugeschaut wie sie „oben ohne“ um den Sportplatz gelaufen sind. An den Abenden wurde immer ein Programm von dem „social committee“ angeboten, wie Bingo, Karaoke, Salsa, oder Karten für die Diskothek namens „Bridge“ verkauft, in der Wasser in großen Kannen umsonst zur Verfügung gestellt wurde und man um zehn bereits den Weg zurück aufsuchen musste. Der Karaoke Abend, bei dem sich wieder einmal die Belgier deutlich hervorgehoben haben, und auch das Bingo spielen waren eine schöne Freizeitbeschäftigung und es gab viele lohnenswerte Preise. Häufiger war jedoch der Fall, dass man keine dieser Aktivitäten gemacht hatte und in den „Park“ gegangen ist und, weil die Engländer ihren Park absperren wenn es dunkel wird, ging es danach entweder in den Pub oder zu Mc Donalds. Die Italiener und Schweizer erwiesen sich stets als Stimmungsmacher und machten gute Laune. Dagegen hielten sich die Asiaten eher zurück und blieben zu Beginn auch eher unter sich. Lustig anzuschauen war aber wie die Chinesen ihren Nutellatoast in der Früh zubereiten: Mit dem Messer wird der Toast festgehalten und mit größter Mühe dann das Nutella mit der Gabel auf dem Toast verteilt. Anschließend den Toast in vier gleichgroße Quadrate schneiden und zum Schluss mit der Gabel die nicht wirklich mundgerechten Stücke verzehren. Man hat viele interessanter Eigenschaften anderer Länder kennen gelernt. Jeden Samstag herrschte im College immer eine schwere Trauerstimmung, wenn man nicht mit auf eine der angebotenen Touren zu Shakespeares Geburtsort oder zu den Quellen von Bath für 30 Pfund mitgefahren ist. Samstags war Abreisetag von Schülern, die bereits länger da waren oder nur für zwei Wochen gebucht hatten. So saß man dann den ganzen Tag zwischen sämtlichen Koffern und hat gewartet bis man sich von den Abreisenden verabschieden konnte, was oftmals nicht trocken abgelaufen ist und die Touristen, die vor dem College Fotos von der „Bridge of Sighs“, oder der gegenüberliegenden „Bodeleine Library“ gemacht haben, hatten somit häufig heulende Studenten auf ihren Bildern. Am Sonntag war dann aber wieder Anreisetag neuer Schüler und eine Tour nach London und so war die schlechte Stimmung schnell verdrängt. Zusammenfassend war es eine wunderschöne Zeit in Oxford, in der man viel über sich selbst und andere lernt, wunderschöne Erfahrungen und Eindrücke sammelt und natürlich auch sein Englisch aufbessert auch wenn ich bis jetzt noch nicht weiß, was dieser Spruch auf dem Schild bedeutet. Anna Raiser